Erfolgreich in der Trainingsplanung
Gesteckte Ziele sollen in unserer heutigen Zeit sehr schnell erreicht werden.
Aus der Wirtschaft kennen wir dieses Prinzip: Der finanzielle Aufstieg kann durch eine geschickte Anlagestrategie erzielt werden. Binnen weniger Monate werden heutzutage Wahrzeichen und Gebäude aus dem Boden gestampft. Im Vergleich dazu hat früher der Bau einer Burg oder einer Kathedrale Generationen gedauert. Der Auftraggeber im Mittelalter, der einen Bau geplant hat, hat meist die Fertigstellung gar nicht erlebt. Trotzdem hat er für die nächste bzw. die nächsten Generationen etwas geschaffen. Die Bauwerke haben nicht nur Generationen überlebt, sondern auch Epochen. Heute muss das Ergebnis schneller sichtbar sein und der Erfolg soll unmittelbar folgen. Leider wird dadurch heute teilweise Profit auf Kosten der nächsten Generation erzielt. Man braucht sich nur den Umgang mit fossilen Rohstoffen ansehen.
Die Mentalität des kurzfristigen Erfolgs spiegelt sich oft auch in unserem persönlichen sportlichen Leben wieder. Wenige nehmen sich mehrere Saisonen Zeit, um ein Ziel langfristig zu verfolgen. Die Idee Marathon oder Ironman entsteht im Kopf und wird oft schon wenige Monate später mehr oder weniger erfolgreich absolviert. Dem Reiz, im nächsten Wettkampf wieder alles zu geben, verfallen viele HobbysportlerInnen. Eine Zeit geht es durchaus gut, oft wird aber auch hier Raubbau an der Gesundheit betrieben. Die Folgen bekommen wir oftmals erst viel später präsentiert.
Burnout durch Training
Eifert man einem Wettkampf nach dem anderen entgegen, will man sich in den Wochen davor bestmöglich auf die anstehende Herausforderung vorbereiten. Auf bevorstehende intensive Belastungen kann man sich kurzfristig sehr gut durch eine umfangreiche und intensive Trainingsphase vorbereiten. Unser Körper lernt mit der Belastung umzugehen und wir werden besser und erfolgreicher. Dieses positive Erlebnis heizt Manche an weiter dranzubleiben, weil es jetzt gut läuft und der nächste Wettkampf in Kürze ansteht. Man bleibt also weiter der intensiven Trainingslinie treu, weil es Erfolg gebracht hat.
Um wieder die Parallele zum Wirtschaftsleben zu ziehen: Nichts anderes passiert in vielen Büros mit den MitarbeiterInnen, viele werden durch – nennen wir es Umstrukturierungsmaßnahmen – gekündigt. In der Folge erhöht sich der Arbeitsaufwand und die Arbeitsintensität für das übrige Personal und um einer Kündigung zu entgehen, wird oft noch intensiver gearbeitet. Oft erhält die Geschäftsführung ein falsches Signal: Durch die Kündigungen sinken nicht nur die Kosten, sondern es steigt auch (vorübergehend) die Produktivität. Das Spiel kann in einem Unternehmen, das gut mit einer hohen Fluktuation umgehen kann, sehr lange betrieben werden.
Bei unserem Körper sieht es anders aus, der kann leider nicht ausgetauscht werden, er braucht nach einer intensiven Phase eine Pause. Hier ist es falsch zu denken, je mehr ich von ihm abverlange, desto mehr Reserven können mobilisiert werden. Unsere Ressourcen sind begrenzt, daher brauchen wir im Sport wieder Zeit, die Akkus aufzuladen. Dies sollte nach den Wettkämpfen in der folgenden Übergangsperiode bzw. Grundlagenphase geschehen. Missachtet man die notwendigen Regenerationsphasen, dann schlittert man langsam in das Übertraining oder ins sportliche Burnout. Die Pathologie zwischen Übertraining und Burnout verläuft nahezu gleich. Leider ist heute eine große Anzahl von ambitionierten AthletInnen sehr Burnout gefährdet, weil ihnen beruflich keine Pause mehr gegönnt wird und sie sich sportlich selbst keine Regenerationsphasen mehr gönnen.
Das Grundlagentraining ist die Versicherung der Zukunft
Wer auch in Zukunft noch erfolgreich Laufen will oder kraftvoll in die Pedale treten will, muss dafür vorbauen. In den gezielten Trainingsphasen (z.B. Wintermonaten) ist es wichtig die aerobe Basis wieder zu stabilisieren und weiter zu entwickeln. Die sogenannte Grundlagenausdauer, ist notwendig, um sich in der intensiven Trainingsphase ausreichend regenerieren zu können. Weiters kann in dieser Phase ergänzend durch gezieltes Athlektiktraining an Defiziten wie der Kraft, Beweglichkeit oder der Koordination gearbeitet werden. Ein wesentliches Ziel der Grundlagenphase ist neben der langfristigen Leistungsentwicklung durch Verbesserung des aeroben Stoffwechsels, auch die Sicherstellung bzw. Verbesserung der Belastbarkeit. Leider gibt es viel zu viele SportlerInnen, die sich kurzfristig vor Wettkämpfen verletzen bzw. überfordern. Oft passiert es, dass man sich gerade in der intensiven Trainingsphase verkühlt oder unerwartet erkrankt. Der Zeitverlust im Training ist häufig nicht mehr zu kompensieren; wenn man Pech hat, kann man vielleicht sogar beim Hauptwettkampf nicht an den Start gehen. Die Selbstreflexion funktioniert bei Manchen sehr gut und man gesteht sich ein zu hartes oder umfangreiches Training ein. Einige sind verwundert und können es nicht fassen, weil die Trainingsreize nahezu ident wie beim letzten erfolgreichen Antritt waren. Leider denken nur Wenige, meist Ältere daran, dass die Belastungsgrenze von ihrem Körper erreicht ist. Ältere AthletInnen schieben diesen Grund auf das Alter, oft wird dieser Trugschluss zu Unrecht gezogen. Dieses Schicksal kann Jung und Alt gleichermaßen treffen. SportlerInnen, die zwischen den Wettkämpfen wieder an der Grundlagenausdauer gearbeitet haben, können länger ihren Sport auf hohem Niveau durchführen. Dies trifft in allen Sportarten zu.
Der Trainingsplan
Eine Mehrjahresplanung ist für jede/n LeistungssportlerIn erforderlich. Diese Art von Planung hat sich nicht nur im Nachwuchssport für den Leistungsaufbau bewährt, sondern auch für SportlerInnen, die im Mehrjahresrhythmus an Welt- und Europameisterschaften oder an Olympischen Spielen teilnehmen. BreitensportlerInnen mit ambitionierten Zielen ist ebenfalls eine Mehrjahresplanung zu empfehlen, um den Fokus auf das große Ziel immer vor Augen zu haben. Eine Jahresplanung, in der Hauptevents geplant werden, macht für jede/r SportlerIn Sinn. Oft erfolgt die Gestaltung sehr grob und unstrukturiert, womöglich läuft diese sogar unbewusst ab. Eine detaillierte Planung kann erst dann vorgenommen werden, wenn ein klares Ziel definiert worden ist. Meist sind es Wettkämpfe, die in einer gewissen Zeit und auf einer bestimmten Distanz absolviert werden sollen.
Die Planung passiert sehr oft im Kopf, bleibt aber leider meist ein diffuses Konstrukt an Gedanken. Wenn man sich hinsetzt, mit Zettel und Kugelschreiber die Planung in Angriff nimmt, dann kommt man schnell drauf, dass dieses Vorhaben gar nicht so klar und einfach ist.
Die Zieldefinition ist erst abgeschlossen, wenn die Fragen „Wann? Wo? Welche Distanz? Welche Zeit?“ beantwortet sind.
Im Laufsport gibt es durchaus die Möglichkeit, dass man das Wettkampfjahr in zwei Phasen gliedert. Beim Marathonlauf sind maximal zwei Saisonhöhepunkte empfehlenswert. Hier sollte je ein Lauf im Frühjahr bzw. im Herbst stattfinden. Hier ist eine Grobplanung in eine Grundlagenphase mit folgender spezifischer sowie unmittelbarer Wettkampfvorbereitung mit anschließendem Tapering leicht möglich. Anschließend folgt die Übergangsperiode, ehe man wieder mit der Grundlagenphase beginnt. Etwas komplexer wird das Thema beim Triathlontraining, hier ist die Wettkampfsaison über wenige Sommermonate sehr komprimiert. Beim Triathlon ist der/die AthletIn gefordert, die Leistungskurve über einen längeren Zeitraum stabil zu halten.
Die Hauptwettkämpfe sollten am Anfang der Saison klar definiert werden. Im Trainingsplan sollten daher vorangehende Aufbauwettkämpfe terminisiert werden. Dadurch können die nötigen Regenerationsmaßnahmen rechtzeitig darauf abgestimmt werden. Die Aufbauwettkämpfe sollten gut überlegt ausgewählt werden, nicht jeder Wald- und Wiesenlauf bringt Sie dem Ziel näher. In den letzten drei Monaten vor dem Hauptwettkampf sind zwei bis drei Aufbauwettkämpfe ausreichend. Zu viele Bewerbe machen nicht nur müde fürs Training, sondern man kann sich auch mental für den Hauptwettkampf ausbrennen, so dass am entscheidenden Tag der richtige Biss fehlt.
Ebenso wie die Aufbauwettkämpfe eine Standortbestimmung darstellen sollen, empfiehlt es sich, vor Beginn der Saison eine Leistungsdiagnostik zu planen. Sollten Sie keine Wettkampfambitionen und wirklich keinerlei Interesse daran haben, Ihre Leistungsfähigkeit zu verbessern oder Ihre Belastbarkeit zu steigern, dann brauchen Sie keine Leistungsdiagnostik. Trifft einer oder mehrere von den zuvor genannten Gründen zu, dann profitieren Sie von einem Laktattest, idealerweise in Kombination mit einer Spiroergometrie. Egal aus welchem Grund Sie trainieren, ein sportmedizinischer Gesundheitscheck (@Sporttauglichkeit) oder eine sportmedizinische Leistungsdiagnostik schaffen Klarheit über Ihre Belastbarkeit und Ihren Gesundheitszustand. Ihr sportliches Engagement soll Ihre Gesundheit fördern und nicht schaden. Bei der Leistungsdiagnostik kann der Nutzen der vorangegangenen Trainingsperiode evaluiert werden. Manche vertreten die Meinung, dass man Verbesserungen bzw. Verschlechterungen an den Zeiten beim Wettkampf beurteilen kann. Leider ist diese Aussage nur bedingt richtig. Fortschritte können auch “auf Pump“ erzielt worden sein. Die Tempohärte hat sich entwickelt und die aerobe Basis kann schlechter werden, trotzdem läuft man sehr gute Zeiten bei sogenannten Testwettkämpfen. Hier bekommt man das falsche Signal – so wie eine Geschäftsführung, die durch Kündigungen und die damit verbundene intensivere Belastung der restlichen MitarbeiterInnen, einen langfristigen Erfolg erwartet.
Die Schlussfolgerung: Eine volle Bestandsaufnahme aller Parameter bringt immer Klarheit und Erfolg.
Ein wesentlicher Punkt, aber ein sehr oft vernachlässigter Bereich, im individuellen Trainingsplan ist der familiäre und berufliche Part. Es ist sehr ungünstig, wenn gerade die stressigste Zeit im Job mit der wettkampfspezifischen Vorbereitung zusammen fällt. Ebenfalls nicht zu empfehlen ist, einen Urlaub in der heißen letzten Trainingsphase oder kurz vor dem Wettkampf zu planen, wo man nicht oder nur sehr eingeschränkt trainieren kann. Stimmen Sie Ihr Vorhaben auch mit Ihrem Partner bzw. Ihrer Partnerin ab und nutzen Sie diese Kraft, die dieser/diese in den letzten Wochen vor dem Hauptwettkampf geben kann.
Jedes Laufjahr beginnt mit der Grundlagenphase, ohne dieses stabile Fundament kann keine Entwicklung erfolgen. Das Hauptziel dabei ist die Verbesserung und Stabilisierung der aeroben Basis. Auf die Wettkampfdistanz abgestimmte Long Jogs und ruhige Dauerläufe im Grundlagenausdauertraining 1 (GAT1) sind hier als klassisches Trainingsbeispiel zu nennen. Durch spezifische Einheiten zur Förderung der Kraftausdauer (z.B. Berganläufe oder Fahrtspiele im hügeligen Gelände) und durch koordinative Elemente zur Entwicklung der Lauftechnik (z.B. Steigerungsläufe bzw. Lauf ABC) wird die Belastungstoleranz für die folgende, spezifische Vorbereitung gebildet. In dieser Phase sind Wettkämpfe nicht besonders empfehlenswert, da noch die Schnelligkeit für eine wirklich gute Zeit fehlt.
Erst in der spezifischen Vorbereitung (die letzten 12-14 Wochen) werden Belastungen im wettkampfnahen Bereich gesetzt. Hauptziel dieser Phase ist es, mit intensiven Intervallen und Tempodauerlaufen das Wettkampftempo zu ökonomisieren. Hier wird binnen weniger Wochen die Schnelligkeit und Spritzigkeit vor dem Saisonhöhepunkt erworben. In den letzten Wochen (unmittelbare Wettkampfvorbereitung Woche 4 (5) bis 2) unterstützen einzelne Vorbereitungswettkämpfe die Entwicklung der Intensitäten in wettkampfnahen Bereichen. Zu diesem Zeitpunkt empfiehlt es sich, einen Feldtest zur Renntempobestimmung durchführen zu lassen. Die letzten Wochen bzw. Tage vor dem Saisonziel dienen dem „Tapering“, dem Abtrainieren. Hier soll man sich von den bisherigen Belastungen erholen, aber die Spritzigkeit für den Wettkampfstart erhalten.
Unmittelbar nach dem Wettkampf folgt die sogenannte Übergangsperiode. Zu Beginn steht hier die Erholung von der Wettkampfbelastung im Vordergrund. Spätestens nach vier Wochen, je nach Art des Wettkampfs, können die Umfänge wieder leicht angehoben werden. In dieser Trainingsphase bewähren sich alternative Trainingsmittel für das aerobe Training. Zu oft besteht die unbegründete Angst, man verlernt das Laufen oder die Muskulatur verliert die Ökonomie. Durch Radfahren, Schwimmen, Walken, Wandern, Schneeschuhwandern, Tourengehen oder Langlaufen wird der Bewegungsapparat von der Laufbewegung entlastet. Durch alternative Sportarten bekommt man einen guten Abstand zur Hauptsportart, was für die weitere Trainingsmotivation wichtig ist. Die Lust auf das gezielt spezifische Training wird wieder mehr und die nächste Wettkampfvorbereitung kann mit viel neuer Energie in Angriff genommen werden!
In der Jahresplanung macht es keinen großen Unterschied, ob man zwei Hauptwettkämpfe auswählt oder einen Laufcup absolviert. Die meisten Cupbewerbe beginnen im März und Enden im November, in den heißen Sommermonaten ist meist Wettkampfpause. Nutzen Sie auch hier die Pause, um etwas Abstand zu gewinnen. Die Abfolge der Trainingszyklen ist ident, jedoch zeitlich etwas geändert. Die erste Grundlagenphase bleibt meist mit zwei bis drei Monaten unverändert. Die spezifische Wettkampfvorbereitung vermischt sich mit der Wettkampfphase und die Intensität wird über einen längeren Zeitraum hoch gehalten. Die anschließende Übergangsphase dauert – wie die zweite Grundlagenphase – nur wenige Wochen, ehe die Trainingsintensitäten wieder bis Saisonende gesteigert werden.
Die Trainingsplanung ist oft ein komplexer Prozess, der durch professionelle Begleitung erleichtert werden kann. SportlerInnen haben hierbei oft Schwierigkeiten, Ziele klar zu stecken, meistens stehen Fragen wie „Was ist realistisch?“ im Vordergrund. Manchmal werden Ziele zu hoch gesteckt und die Frustration folgt schnell. Eine weitere Unsicherheit besteht hinsichtlich der Vorbereitungswettkämpfe. Hier gibt es zwei deutlich unterschiedliche Lager, eine Gruppe meidet Wettkämpfe und die andere Gruppe macht nahezu jede Woche einen Wettkampf – beides sind schlechte Extreme. Finden Sie pro Hauptwettkampf einen bis drei gut getimte Aufbauwettkämpfe, die in der Trainingsplanung gut integriert werden können. Es ist nicht ratsam, einem Laufcup, einer Triathlon- und/oder Marathonteilnahme dieselbe Priorität einzuräumen. Unsere Empfehlung: Geben Sie jedem Jahr einen besonderen Touch. Legen Sie den Fokus neu und bleiben Sie in der Trainingsgestaltung und in der Wettkampfauswahl abwechslungsreich, so haben Sie nicht nur Spaß beim Training und beim Wettkampf, sondern schon in der Planungsphase. Denn Vorfreude ist bekanntlich die schönste Freude!